Kanada - 13. bis 30. Juni 2007
(4) Calgary, Winnipeg und ein Ferienhaus am See
Calgary, Austragungsort der Olympischen Winterspiele 1988, liegt mitnichten in den Bergen, sondern in der flachen Prärie, etwa 50-60 km östlich der ersten Bergkette der Rocky Mountains. Das ist also ungefähr vergleichbar mit München und den Alpen, wobei Calgary immerhin gut 1000 m über dem Meeresspiegel liegt. Calgary ist mit etwa 1 Mio Einwohner die drittgrößte und am schnellsten wachsende Stadt Kanadas. Grund für den Boom ist das reichlich vorhandene Erdöl, das Kanada zu einem der reichsten Länder der Erde gemacht hat.
Als wir nach knapp 2 Stunden Fahrt aus Banff im Busterminal in Calgary ankamen,war es bereits 23 Uhr abends. Zur Jugendherberge mussten wir erstmal 20 Minuten zu Fuß laufen und dann quer durch Downtown ein paar Stationen mit der Straßenbahn fahren, die man in der Innenstadt sogar umsonst benutzen konnte.
Am nächsten Morgen machten wir uns dann auf zur Stadtbesichtigung. Abends sollte es dann weiter Richtung Winnipeg gehen. Schon morgens war sonnig und ziemlich warm, im Tagesverlauf sollten es bis an die 30 Grad werden.
Downtown Calgary sieht eigentlich aus, wie jede andere nordamerikanische Großstadt: dominiert von Hochhäusern und nicht wirklich schön. Hier ein Blick die 7th Avenue entlang mit der Straßenbahn:
Gleich nebenan liegt die Olympic Plaza, ein kleiner Park mit Fontänen und Gedenksteinen. Hier fanden 1988 die Siegerehrungen der Olympischen Spielen statt. Gleich auf einem der ersten Steine mit eingravierten Medaillengewinnern fanden wir Katarina Witt als Vertreterin der DDR. ;-)
Noch ein Panorama von Olympic Plaza, der bei dem heißen Wetter ganz schön bevölkert war (keine Angst, die Häuser sind nicht schief, das ist ein zusammengesetztes Panorama ;-)):
Beim anschließenden Schlendern durch die Steven Avenue Mall, der Fußgängerzone von Calgary, trug diese Imbissbude sehr zu unserer Erheiterung bei:
Hier gab es "Bratwurst", "Pizza Wurst" und "Curry Wurst". "Bratwurst" scheint übrigens in Nordamerika ein gängiger Begriff zu sein, wie wir später auch in Winnipeg feststellten. Ebenso natürlich auch "Sauerkraut".
In der Fußgängerzone wurden Tausende von Cowboyhüten gratis verteilt - als Promoaktion für die bald bevorstehende berühmte Calgary Stampede. Die Leute standen teilweise hunderte von Metern Schlange... Später, als es ein wenig leerer wurde ergatterten auch wir dann einen Stetson (natürlich kein richtiger, sondern eine Billigversion davon) als Souvenir.
Im 4. Stock eines Hochhauses an der Steven Avenue Mall befinden sich die Devonian Gardens, mit subtropischen Pflanzen und Fischen:
Von den Devonian Gardens aus suchten wir uns einen Weg durchs Labyrinth der "Skywalks". In Downtown Calgary sind die meisten Gebäude durch ein System aus verglasten Brücken verbunden, so dass man klimatisiert seine Geschäfte erledigen kann und nicht auf die Straße hinaus muss (im Winter kann es hier richtig kalt werden!). Allerdings braucht man wohl erstmal eine Weile um durch die Wegführung hindurchzusteigen. Wir haben uns jedenfalls hoffnungslos verfranzt und sind in irgendwelchen düsteren einsamen Bürogebäuden gelandet... Irgendwann hat es uns gereicht, und wir sind wieder raus auf die Straße und die Barclay Mall hinauf bis zum Bow River. Nach einem Hot-Dog (gibt's dort an jeder Ecke) ging es dann in den Prince's Island Park, auf einer Insel im Bow River gelegen:
Soviel zu Calgary, das wir wenige Stunden später gen Osten verlassen haben.
Diese letzte Busfahrt sollte uns nach Winnipeg bringen und führte über 1300 km durch die endlosen Weiten der Prärie. Los ging es am Abend gegen halb neun. In Winnipeg kamen wir am nächsten Tag spät nachmittags um 17:30 Uhr an. 20 Stunden in einem Bus, immer auf demselben Highway, fast nur geradeaus, immer dieselbe eintönige Landschaft, nur Gras und Getreide, keine Hügel, kaum Bäume...
In der Nacht habe ich die meiste Zeit damit verbracht, eine geeignete Schlafstellung zu finden - zwecklos, es geht einfach nicht liegend auf einem Zweiersitz. Letztendlich habe ich dann doch versucht im Sitzen zu schlafen, wobei vielleicht 1-2 Stunden Schlaf herausgekommen sind. Dementsprechend müde war man natürlich tagsüber und hat die meiste Zeit vor sich hin gedöst. Alle paar Stunden hat der Bus Pause gemacht, so dass man sich auch mal die Beine vertreten konnte. Meist war das auf irgendeiner Tankstelle mitten im Nichts, wo die Sonne erbarmungslos herabknallte (selbst im Schatten waren es 30 Grad) und der Staub nur so wirbelte.
Als wir uns Winnipeg näherten wurde das Land noch flacher, als es ohnehin schon war. Es kam mir vor, als würde ich an der Nordsee mitten im Watt stehen. Absolut spiegelebenes Land, keine Erhebung, so gut wie keine Bäume. So platt ist noch nicht mal die Norddeutsche Tiefebene. ;-)
In Winnipeg wurden wir vom Bus abgeholt und wohnten bei der Familie der Braut in einem kleinen Häuschen in einer typisch amerikanischen Vorstadtsiedlung am Rande von Winnipeg. Das Wetter war wie schon die ganze Fahrt über ziemlich heiß und vor allem sehr schwül, was wir spätestens bei einem kleinen Abendspaziergang merkten. Ich kam mir vor wie in den Tropen, was nicht zuletzt auch an den spektakulären Gewitterwolken lag. Gewaltige Cbs wo man nur schaute, dazu Mammatus und anderes dynamisches Gewölk vom Feinsten, zum Schluss sogar mit Regenbogen. Zu allem Unglück hatte ich nicht dran gedacht, meine Kamera mitzunehmen....
Wenig später sollte ich doch noch entschädigt werden. Eine Weile nachdem wir wieder ins Haus zurückgekehrt waren, schaute ich nochmal aus dem Fenster und erblickte einen nett von der untergehenden Sonne angestrahlten Cb-Schirm. Ich schnappte mir meine Kamera und lief auf die Straße. Was ich dann sah, verschlug mir die Sprache (für größeres Bild bitte klicken):
Mammatus, wie ich sie in Deutschland noch nie gesehen hatte. Der absolute Wahnsinn! Der Schatten in der Bildmitte wurde übrigens von einem vor der untergehenden Sonne stehenden Cb verursacht:
Zoom auf die Mammatus-Wolken:
Damit war der Abend doch noch gerettet. Wie wir am nächsten Tag aus der Zeitung erfuhren, hatte es an diesem Tag schwere Gewitter und mehrere Tornados in der Umgebung von Winnipeg gegeben. Einer davon war ein F5-Tornado (der erste jemals in Kanada registrierte!!!), der unter anderem über den Trans-Kanada-Highway zog - 2 Stunden nachdem wir an der selben Stelle mit dem Bus vorbeigefahren waren! Hier zwei Links dazu, auch mit Bildern:
http://en.wikipedia.org/wiki/Elie%2C_Manitoba_Tornado
http://www.ec.gc.ca/default.asp?lang=En&n=714D9AAE-1&news=4B3DE57E-4967-4B09-98D6-EF974B32D6B5
Und noch ein Bildlink:
http://images.theglobeandmail.com/archives/RTGAM/images/20070623/wtornadogallery0623/tornado2.jpg
Ich krieg jetzt noch Gänsehaut, wenn ich daran denke... da fährt man nach Kanada, und dann gibt's da in nächster Nähe einfach mal so den stärksten jemals in Kanada registrierten Tornado!
Und das sollte es noch nicht gewesen sein, was Gewitter und Tornados betrifft. Am folgenden Tag wurden weitere Tornados beobachtet. Wir waren an diesem Tag ja zu einer Hochzeit eingeladen. Die Feier fand zwar zum großen Teil in klimatisierten Räumen statt, die eigentliche Zeremonie jedoch draußen bei extremer Schwüle (21°C Taupunkt, 27°C Temperatur). Am Abend ging es dann so richtig ab. Während drinnen gefeiert wurde, tobte draußen ein Gewitter der Extraklasse. Es blitzte im Sekundentakt, krachte gewaltig, goss in Strömen und stürmte, dass man Angst hatte, die Äste würden einem ins Gesicht fliegen (wir standen mit mehreren anderen gewitterinteressierten Gästen auf dem Balkon ;-)). Falls ich sowas schon mal hier zu Hause erlebt habe, muss das Jahre her sein, ich kann mich auf jeden Fall nicht dran erinnern.
Später in der Nacht, als wir gerade schlafen gegangen waren, kam das nächste Gewitter - wieder äußerst blitzintensiv!
Nun ein paar Bilder aus Lower Fort Garry, ein historischer Handelposten, der Anfang des 19. Jahrhunderst am Ufer des Red River nördlich des heutigen Winnipegs errichtet wurde. Heute ist es ein Freilichtmuseum, das den Besuchern das Leben der Siedler vor 150 Jahren näherbringt. Teils restaurierte, teils nachgebaute Häuser mit originalgetreuer Einrichtung sowie kostümierte Schauspieler versetzen einen zurück ins 19. Jahrhundert.
Die letzten Tage unseres Urlaubs verbrachten wir in einem kleinen Ferienhaus, 250 km östlich von Winnipeg, schon in der Provinz Ontario wunderschön an einem kleinen See gelegen. Das Haus gehörte der Familie, bei der wir wohnten. Netterweise nahmen sie sich extra frei, blieben einen Tag mit uns dort, fuhren dann wieder zurück und ließen uns ein zweites Auto da.
Hier noch zwei gewittrige Bilder von der Hinfahrt:
Das eigentliche Gewitter kam dann in der folgenden Nacht. Es war nicht laut (bis auf den prasselnden Regen), man hörte kaum Donnern. Aber das Blitzgeflacker werde ich nie vergessen. Geschlagene 90 Minuten war es ununterbrochen am Flackern - teilweise mehrfach pro Sekunde! Ich stand gebannt am Fenster und schaute auf den von Blitzen erhellten See hinaus. Richtige Blitze hat man allerdings kaum gesehen, die waren zum Großteil in den Wolken.
So sah dann der Blick auf den See tagsüber aus:
Zu dem Haus gehörte auch eine kleine Anlegestelle mit zwei Kanus, mit denen wir dann die ein oder andere Paddeltour unternahmen. Die Badeinsel, die auf dem See zu sehen ist, ist normalerweise über einen Steg trockenen Fußes vom Ufer aus zu erreichen. Auch hier herrschte jedoch Hochwasser und der See stand einen Meter höher als normal. Dadurch konnte man nur noch hinschwimmen:
Das Wasser war übrigens erstaunlich warm, 22 Grad hatten wir am Rand gemessen, so dass natürlich auch das Baden nicht zu kurz kam.
Hier nun einige Bilder einer kleinen abendlichen Paddeltour, leider bei nicht ganz so schönem Wetter:
Tolles Spiel von Licht und Schatten:
Auch wieder nettes dynamisches Gewölk:
Das Ferienhaus (das linke) vom See aus gesehen, das rechte gehört ebenfalls zur Familie. In dieser Bucht befanden sich noch 2 weitere Häuschen, in der nächsten Bucht dann noch einige mehr. Da wir aber innerhalb der Woche dort waren, hatten wir den See praktisch für uns. Ein einziges Mal kam ein Motorboot vorbeigefahren, sonst sah man keine Menschenseele.
Viel zu schnell gingen die drei Tage herum. Ausgerechnet am Abreisetag wurde das Wetter wieder richtig schön und lud zum Baden ein. Nachdem wir das ausgiebig getan hatten (es waren keine 20 Grad, habe ich nachträglich erfahren, durch Sonne und fehlenden Wind kam es einem vor wie 25°C), fuhren wir am Nachmittag zurück nach Winnipeg. Kurz hinter der Grenze zwischen Ontario und Manitoba änderte sich dann auch die Landschaft wieder drastisch. Die von Wald, Felsen und unzähligen Seen geprägte Landschaft wechselte zu plattem Ackerland. Übrigens fingen hier gerade die Rapsfelder an zu blühen - Ende Juni wohlgemerkt!
Zum Schluss meines Reiseberichtes noch ein paar Bilder aus Winnipeg, der Hauptstadt Manitobas, gut 600.000 Einwohner zählend. Wer gern knackige Winter und heiße Sommer mag, wird sich hier wohlfühlen. -12°C beträgt die durchschnittliche Höchsttemperatur im Januar, es kann aber auch durchaus mal bis -30, -40°C runtergehen. Im Sommer beträgt dagegen die mittlere Höchsttemperatur 25°C.
Winnipeg's Stadtzentrum ist im Gegensatz zu Calgary und Vancouver nicht so sehr von Hochhäusern geprägt - dies hier sind die höchsten Gebäude:
Den Red River (der ebenfalls Hochwasser führte, viele Wege waren gesperrt) überspannt hier eine neue architektonisch sehr interessante Fußgängerbrücke:
Die Basilika im französischen Viertel:
Bemalte Eisbären, im Hintergrund das Parlamentsgebäude:
Und noch zwei Bilder vom Parlament:
Und das war's dann auch. Am selben Nachmittag wurden wir zum Flughafen gebracht, um 18 Uhr hob der Flieger nach Minneapolis ab. Da der Rückflug über die USA ging, mussten wir leider die mühselige Einreiseprozedur über uns ergehen lassen: Fragebogen, Ausstellung eines 90-Tage-Visums, Ablieferung von Fingerabdrücken, eingehende Körper- und Rucksackkontrolle, persönliche Fragen,... und das alles für 2 Stunden Aufenthalt am Flughafen von Minneapolis... Letztendlich waren es dann doch 4, da der Flug nach Amsterdam Verspätung hatte. Beim Rückflug habe ich kaum Bilder gemacht, da es zunächst Nacht war und dann einfach nur die grelle Sonne ins Fenster hereinschien und man meistens nichts als Wolken unter einem sah. Nach 8 Stunden Flug im Jetstream kamen wir um 12:30 Uhr Ortszeit in Amsterdam an. Dort hockten wir dann 4 Stunden auf dem Flughafen herum, um schließlich nach Hamburg zu fliegen und von dort mit dem Zug nach Hannover zu fahren. Im Endeffekt wären wir schneller gewesen, wenn wir gleich von Amsterdam aus den Zug genommen hätten. ;-) Aber ich fliege ja gerne und habe es nicht bereut. Gerade auf dem Flug Amsterdam-Hamburg sah und spürte man ordentlich Cumulus-Konvektion. Der Landeanflug nach Hamburg war schon ein Erlebnis, vor allem weil man auch deutlich unterhalb der Wolkenbasis noch kräftige Auf- und Abwinde spürte - sehr zum Missfallen der meisten anderen Fluggäste. ;-)
Damit war er also vorbei, der insgesamt 18-tägige Kanadaurlaub. Auch jetzt, wo ich diesen Bericht schreibe (3 Monate nach der Rückkehr) bin ich immer noch begeistert von den Eindrücken. Ich kann jedem nur empfehlen auch mal so eine Reise zu machen - es lohnt sich! Für uns wird es sicherlich nicht das letzte Mal gewesen sein, dass wir Kanada besucht haben. Das nächste Mal dürfte dann aber wohl der Osten Kanadas dran sein.
(c) Björn Witha - Letzte Änderung: 25. Juli 2010 - 17:26      ---      Kontakt